Vol. 2: Lohengrin vs. Tristan & Isolde
Musik. Festival. Theater
Sommer, Sonne, Kaktus: BERLIN is not BREGENZ ist 2020 ein Stachel im Fleisch der klassischen Festspiellandschaft. Im Gegensatz zum Mutterschiff hält die super-kleine Schwester der Bregenzer Opernfestspiele trotz und wegen COVID-19 die Stellung. Am 21. und 22. August funktionieren glanz&krawall mit ihren Mitstreiter*innen das Strandbad Plötzensee zur Seebühne für Richard Wagners Wasseropern Lohengrin und Tristan und Isolde um – jene fatalistischen Opern Richys, die die Bregenzer Festspiele bislang eisern verschmähten.
2019 starteten sie mit BERLIN is not BAYREUTH auf dem Gelände der B.L.O.-Ateliers einen radikalen Gegenentwurf zum klassischen Festspielbetrieb mit über 1000 Besucher*innen. Damals wie heute wenden sich die beteiligten Künstler*innen explizit auch an jene, die noch nie ein Opernhaus von innen gesehen haben und bei „Wagner“ zuerst an Tiefkühlpizza denken.
Im diesjährigen Ausnahmezustand möchte BERLIN is not BREGENZ den Gründungsgedanken der größten
Seefestspiele der Welt (die Bregenzer Dramaturgie von 1946) freilegen und im Berliner Wedding neu aufleben lassen. Zwei Kohlekähne dienten im zerbombten Nachkriegs-Bregenz als Bühne – auf dem einen spielte das Orchester, auf dem anderen performten die Sänger*innen, die Zuschauenden saßen am Strand. Dieser Volkstheatergedanke, die einfache Idee des Zusammenkommens am Wasser ist es, die inmitten der Pandemie ein kleines Musik- und Theater-Festival im Geiste des Bregenzer Festspielgedankens möglich macht. Während der klassische Festspielbetrieb weltweit ruht, wird im Zentrum der Hauptstadt Berlin für zwei Tage ein Musik-Theater auf dem See installiert, das nicht mehr sein will, als ein Musik-Theater auf dem See: Ein Anlass, um verschiedene Menschen einer Stadt wieder zusammen- und in einen möglichen Dialog zu bringen. Plötze statt Bodensee ist also die Devise: Tretboot-Armada statt 300 Tonnen Stahlbeton-Bühne, Pommes statt Lachs und ein Handtuch- und Liegestuhl-Teppich für 500 Besuchende statt 7000-Mann/Frau-Tribüne. Das Festivalbudget ist 2020 äußerst schmal und die beteiligten Rising Stars der Szene erhalten deshalb nur eine kleine Aufwandsentschädigung. Sie werfen sich aber gemeinsam gegen die Langeweile, die Vereinsamung und Larmoyanz in den Ring. Der Eintrittspreis ist erschwinglich gehalten, um zusätzlich Spenden für das politische Aktionsbündnis SEEBRÜCKE Berlin zu sammeln. Das Bündnis organisiert politische Aktionen, die „sichere Häfen“ für geflüchtete Menschen in Deutschland schaffen.
Für BERLIN is not BREGENZ stemmen Musiker*innen und Theaterleute gemeinsam eine 2,5 Stunden-Inszenierung im Guckkasten aus Wasser, Sand und Steg. Wagners Märchenoper „Lohengrin“ prallt dabei auf sein vielleicht dunkelstes Werk: „Tristan und Isolde“. Zentrales Thema beider Opern sind scheiternde Liebesbeziehungen, die aus sich heraus oder durch die umgebende Gesellschaft zersetzt werden. Das Wasser als zentrales Element vereint und trennt die Liebenden Elsa und Lohengrin, Isolde und Tristan.
Die litauische Regisseurin und Performerin Dr. GoraParasit wird den Liebestod Tristan und Isoldes als monumentales Latexgebilde in Szene setzen. Das Kölner/Berliner Regie- und Choreographen-Team TripleTrips arbeitet sich am Vertrauenskomplex Elsas und Lohengrins ab. Die Berliner Art Rock-Band KANAL nimmt sich der Tristan-Musik an und die griechische Nu-Jazz-Musikerin Melentini und der Electro-Musiker Zentralmuster liefern die jeweiligen Soundtracks zu den verschiedenen Auszügen aus den Opern. glanz&krawall lassen Figuren aus „Lohengrin“ auf deren Antagonisten aus „Tristan und Isolde“ prallen, während der Connaisseur Magister Herbert Gottsbacher, gespielt von der österreichischen Schauspielerin Ingeborg Schwab, das Geschehen auf dem Gelände live kommentiert.
Vor der Frontalbespaßung um jeweils 19.30 Uhr lädt das Festival nachmittags zu Bade- und Tauchgängen, Mini-Performances, Screenings und Installationen. Die 10e der Peter-Ustinov-Schule baut eine eigene Wagner-Station und kleine einleitende Performances. Es gibt die Weltpremiere des Roadmovies BAYREUTH sehen und sterben von glanz&krawall im Pavillon zu sehen. Die Coverband SCHROTTI STAR ORCHESTER orgelt und klampft gegen das Hochkulturelle an. Unter dem Motto „Covern ist scheiße“ spielen sie Indie-, Rock- und HipHopPerlen der Neuzeit auf einer der Liegewiesen. Zudem wird der gemeinnützige Verein SEEBRÜCKE Berlin, der sich in der Seenotrettung von Geflüchteten engagiert und diesjähriger Kooperationspartner ist, am Samstagnachmittag Workshops zum Thema „Flucht und Migration“ anbieten. Der Festival-Sender Radio Welle Brabant sendet derweil vom Piraten-Boot und schafft mit Hintergründen und Liveatmo eine Alternative zum herkömmlichen Theaterstreaming und holt all diejenigen ab, die zur Risikogruppe gehören und deshalb nicht live bei BERLIN is not BREGENZ dabei sein können.
Für das optimale Strandbaderlebnis empfiehlt es sich, in Badehose und Bikini sowie mit eigener Picknickdecke und Handtuch anzurücken. Denn mit dem Tages- und Festival-Ticket können Besucher*innen den ganzen Tag im Strandbad verbringen. Auswärtige Gäste haben die Möglichkeit, mit dem Camper (Caravan) anzureisen und auf dem Gelände zu übernachten (Reservierung erforderlich). Gitarre um den Hals, schnell gekämmt. Bis gleich!
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glanz&krawalls CLASH OF COUPLES – Lohengrin vs. Tristan&Isolde
MIT Marinella Dell’Eva (Korrepetition), Dennis Depta (Schwan), Monika Freinberger (Ortrud) Vera Maria Kremers (Isolde/Elsa), Ingolf Müller-Beck (Brangäne), Viola Schmitzer (Horn), Kara Schröder (Tristan), Felix Witzlau (Lohengrin)
TEAM Emilia Bartoschik (Regie-Assistenz), Dennis Depta (Co-Regie), Clementine Pohl (Bühnenbild), Sophie Schliemann (Kostümbild), Marielle Sterra (Regie)
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Aufführungen
Freitag, 21. August 2020, ab 17.00 Uhr
9.00 Uhr Strandbad öffnet / 17.00 Uhr Vorprogramm / 19.30 Uhr Beginn
Samstag, 22. August 2020, ab 15.30 Uhr
9.00 Uhr Strandbad öffnet / 15.30 Uhr Workshop mit Seebrücke Berlin / 17.00 Uhr Vorprogramm / 19.30 Uhr Beginn
BERLIN is not BREGENZ ist gefördert durch die Musicboard Berlin GmbH. Das Begleitprojekt der 10e der Peter-Ustinov-Schule „KLASSE ENTERT OPER“ ist gefördert aus Mitteln des Projektfonds Kulturelle Bildung, FS3 Charlottenburg-Wilmersdorf.
Hinweis zu den aktuellen Hygiene-Auflagen aufgrund der COVID-19-Pandemie: Wir sind verpflichtet, eure Namen und Kontaktadresse über 4 Wochen aufzubewahren, um dem Gesundheitsamt bei Bedarf eine Nachverfolgung von Kontakten zu ermöglichen. An der Abendkasse müsst ihr einen Meldebogen ausfüllen, der auch auf der Webseite des Strandbad Plötzensee zu finden ist. Am besten füllt ihr diesen Bogen im Vorfeld aus, dann gehts an der Abendkasse schneller! Selbstverständlich löschen wir alle Daten nach Ablauf der 4 Wochen.
Auf dem gesamten Strandbad-Gelände gelten die üblichen Hygiene-Vorgaben: haltet bitte mind. 1,5m Abstand zu anderen Gästen, desinfiziert euch regelmäßig die Hände und tragt in Innenräumen einen Mund-Nasen-Schutz. Wir danken euch für euer Verständnis und freuen uns auf euch!